Am 23. und 24. Oktober fand in Salzburg die 9. ÖSTERREICHISCHE ARMUTSKONFERENZ satt.
Die Workshops konnten thematisch kaum besser gewählt werden, alle fanden einen nie gesehenen Zuspruch.
Vorkonferenz
Workshop 9.Österreichische Armutskonferenz
"Ich habe es noch nicht erlebt, das wärend der Workshops alle Flure des Tagungshotels wie ausgestorben da lagen. In früheren Jahren wurden die Arbeitsgruppen sehr oft verlassen und so war immer viel Betrieb auf den Fluren",so Eugen Bierling-Wagner, geschäftsführender Koordinator.
Die teilnehmenden Betroffenen waren mit der Vorkonferenz vom 22. und den Workshops sehr zufrieden. Bauchschmerzen bei ihnen verursachte ein mit Fremdworten überladenes Programm. In dem doch sehr wissenschaftslastigen Programm hieß es unteranderem "zentrale Prinzipien sind: Using, Cooperating, Sharing, Contributing ...", was leider bei vielen auf Unverständnis stieß. Die Formulierungen verfehlten leider das Thema der Konferenz, da eine echte Kooperation nur über eine gemeinsame Sprache möglich ist. Ein großer Teil der Betroffenen hätte sich hier einen einfachere Wortwahl gewünscht.
Zum Schluß fand mit der Beteiligung von Ulrich Brand, Universität Wien, Brigitte Kratzwald, Commons-Aktivistin, Alban Knecht, Sozialwissenschaftler, München sowie Michaela Moser, Ilse Arlt Institut, FH St.Pölten, allesamt Theoretiker mit gehobener Bildung und leider oft auch akademischer Wortwahl unter der Leitung von Verena Fabris, Volkshilfe Österreich, eine Podiumsdiskusion statt. Vorkonferenz wie auch die Workshops zum Thema Commons haben bei den Betroffenen den Wunsch nach echter Teilhabe noch vergrößert, so war der Unmut über die Exklusion vom Podium doch sehr groß. Das am letzten Tag vorgestellte Videoprojekt von REWALK lies leider auch nur eine Minderheit von Betroffenen zu Wort kommen.
"Mindestens ein Vertreter von Betroffenen hätte sich auf dem Podium finden müssen und bei dem Videoprojekt hätten 50% besser mehr den Betroffen vorbehalten sein sollen! Es ist sicher nur zu begrüßen wenn sich die Wissenschaft dem Thema Armut annimmt, jedoch sollten die waren Experte unbedingt eingebunden werden." ,so Vera Hinterdorf vom Verein BAKU, Wien.
Der Umstand das sich bei Podiumsveranstaltungen keine Vertreter der Betroffenen finden ist ein Problem und das findet sich in gleicher Weise leider auch in Deutschland. In den letzten Monaten fanden in der BRD viele kirchliche wie auch weltliche Veranstaltungen zum Thema Armut statt. Bei keiner der von mir besuchten Veranstaltungen fand sich ein Betroffener auf dem Podium, da stellt sich auch einem neutralen Beobachter die Frage. "Wie ernst ist es den Veranstaltern mit der Inkusion (Einbindung) von Betroffenen?".
Nicht die Not ist das Schlimmste,
sondern dass sie ertragen wird!
Denn das Hinnehmen von Armut,
während es Reichtum gibt,
ist geistiges Versagen,
Ist Unempfindlichkeit der Seele.
Gegen die Beleidigung
Erich Mühsam
Unter der europäischen Ratspräsidentschaft Dänemarks innerhalb der Europäischen Union fand die 11. Europäische Konferenz der Menschen mit Armutserfahrung in Brüssel im Palais Egmont statt. Betroffene Menschen aus mehr als 20 europäischen Ländern waren angereist. Thematisch stand das Recht auf Wohnen (“Homellessnes and Housing Rights in the Context of the crisis“) auf dem Focus.
Nach der Eröffnung durch den dänischen Staatssekretärs Jasper Brask Fischer (u.a. Moderator im Plenum) sowie Karen Haekkerup (dänischer Minister für Soziales und Integration), Laszlo Andor, (EU-Kommissar für Soziales und Eingliederung) Maggie de Block aus Belgien Staatssekretärin für soziale Integration und Kampf gegen Armut, und letztendlich Dominique Pion, Delegierte der X. Konferenz von 2011 nahm das Treffen seinen Lauf.
Rote Karte für die EU-Politik
Deutsche Teilnehmer mit dem
dänischen Staatssekretär für Soziales (2.von rechts)
Austausch am Rande der Konferenz (von links nach rechts)
Dietmar Hamann (Armutsnetzwerk), Freek Spinnewijn (Direktor FEANTSA),
Brigitte Hartung (Armutsnetzwerk)
Fotos:r.Werner Franke (Armutsnetzwerk)
Alle der Redner ließen die 10. Konferenz Revue passieren und betonten in ihren Reden dass die Armut nicht wesentlich reduziert werden konnte. Auslöser ist die seit 2008 bestehende Eurokrise. Für die Länder in der EU steht an erster Stelle zu sparen. So werden Leistungen im sozialen Bereich abgebaut. Das Ziel der EAPN (Europeen Anti Powerty Network) die Armut bis in das Jahr 2020 von 80 Mio. auf 60 Mio. zu senken müsse wohl korregiert werden. Nach einer kurzen Pause zeigten die Delegationen ihr Präsentationen in mehr als drei Blöcken innerhalb der Konferenztage. Sehr kreativ und künstlerisch ausgerichtete Beiträge wurden gezeigt. Tenor aller Präsentationen beinhalteten die Ziele der EAPN als Forderung.
Stellvertretend für die künstlerisch wertvollen als auch zum Nachdenken anregend stelle ich die deutsche Präsentation in den Mittelpunkt: In Hamburg am Rande eines Neubaugebietes haben sich Menschen einen Treffpunkt eingerichtet um miteinander zu reden, zu trinken und gemeinsam Spaß zu haben. Dem Hamburger Senat war dieser Platz ein Dorn im Auge. Sie ließen das Gelände mit einem Stahlzaun eingrenzen um es für die Gruppe zu sperren. Doch der Senat hatte die Rechnung ohne die Anwohner gemacht. Sie solidarisierten sich mit den jungen Leuten. Der Zaun musste entfernt werden. Anwohner schenkten den Leuten Möbelstücke, Gebrauchsgegenstände und allerlei Nützlich sodass das Gelände, der Treff der ausgegrenzten Menschen wohnlich wurde.
Der Vergleich zwischen 2008 und 2012 hat nicht zur verbesserten Situation der armen Menschen in der EU beigetragen sondern auf Grund der EU-Krise verschlechtert. So brachten die Teilnehmer eigene Erfahrungen ein. In den meisten europäischen Ländern unterliegen die Menschen der nahezu traditionellen Feststellung „Hast du keine Wohnung bekommst du keine Arbeit. Doch wenn du keine Arbeit hast ist es schwer eine Wohnung zu erhalten. (Für Deutschland: siehe „Der Hauptmann von Köpenick“ nach Zuckmayer)
Ein Beispiel des menschenunwürdistgen Daseins der Homeless People: In Italien werden obdachlose Menschen aufgegriffen. Sie gehen in das Gefängnis. Der Wohnungsbau geht zurück, insbesondere der soziale Wohnungsbau. Stattdessen werden in Italien mehr Gefängnisse gebaut.
Einhellige nachhaltige Forderung aller Delegierten lautet: Das Recht auf Wohnen in das Grundgesetz nicht nur einbringen sondern festzuschreiben. So gibt es in der EU nur drei Staaten in der das Recht auf Wohnen Gesetz ist. Deutschland gehört nicht dazu. In Deutschland wurde das Ministerium für Wohnungsbau abgeschafft. Die VII Nationale Armutskonferenz verabschiedete im März 2012 auf ihrer Fachtagung in Düsseldorf eine Resolution in der gefordert wird:
Diese Resolution lag in Brüssel aus und war allen Teilnehmern zugängig.
Während der Konferenz am 2.Tag, fand eine Aktion statt, um vor dem europäischen European Council auf die die Armut in Europa aufmerksam zu machen. Diese Aktion stand unter dem Motto „Zeigt den Politikern die rote Karte“. Jeder der Demonstranten trug eine rote Karte bei sich und hielt sie in die Höhe. Trillerpfeifen und Transparente unterstützte diese Demo, ein Megaphon akustisch. Es wurde sehr viel öffentliche Aufmerksamkeit erzeugt. Da diese Demo nicht angemeldet war bestanden Befürchtungen dass die Polizei einschreitet. Jedoch hielten sich die Brüsseler Ordnungshüter zurück. Zukünftig sollen mehr dieser Aktionen durchgeführt werden, vielfältig und bunt. Sehr viel Kreatives Potential ist vorhanden. Diese Aktion war keine Veranstaltung von EAPN. Letiza aus Italien & Izabella aus Ungarn (Info: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Phone: +3630 590 2029)) Initiatorinnen (zwei Delegierte) koordinierten die Demo.
Jean-Francoise Molas, ein Vertreter von BAPSA aus Paris berichtete aus seinem Arbeitsfeld. In Paris wurde basierend auf Abbe Pierre, dem Gründer von Emmaus, eine Brigade der Polizei in das Leben gerufen. Diese Brigade nimmt sich der Obdachlosen und Migranten an. Sozialarbeiter helfen den Betroffenen Im Alltag auch bei Ämtergängen. Auch einen Einrichtung (Notunterkunft) stellt BAPSA bereit.
Im Rahmen des europäischen Treffens der Menschen mit Armutserfahrung von EAPN fand ein von EUH (European Union of Homeless) und HOPE organistertes Side-Event in Brüssel statt. In EUH haben sich engagierte Menschen aus Deutschland, Belgien Frankreich, Niederlande und Ungarn zusammengeschlossen um nachhaltig auf die Armut in der EU hinzuweisen und die Armut zu bekämpfen. Ein Wissenschaftler der Universität Leiden setzte sich analytisch mit der Gentrifizierung auseinander. (Verdrängung der in Armut lebenden Menschen aus den Zentren der Großstädte, Aufwändige Sanierungen werden zum Teil durch Miethaie vorgenommen, sodass die Mieten für diese Menschen nicht mehr bezahlbar sind. Menschen werden nicht nur aus den Zentren vertrieben, Auch an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Es findet eine Ghettoisierung statt.
Berlin im Mai 2012
r. Werner Franke
München/Berlin: „Wir werden nicht aufhören, auf die verschämte Armut neben dem unverschämten Reichtum in diesem Land hinzuweisen“ erklärte Thomas Beyer, Sprecher der Nationalen Armutskonferenz (nak), in seiner Begrüßungsrede anlässlich „20 Jahre Nationale Armutskonferenz – (k)ein Grund zu feiern?“. Der Zusammenschluss aus Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaft und Betroffeneninitiativen hat heute in der Berliner Vertretung des Landes Rheinland-Pfalz ihr 20-jähriges Bestehen begangen. Für Beyer sind diese beiden Jahrzehnte kein Grund zu feiern, denn: „Wie könnte es sein? Armut ist nur eines: ein Skandal. Schließlich nimmt sie Menschen Chancen, die andere selbstverständlich haben.“ Deshalb werde die nak auch in Zukunft „die gesellschaftliche Mahnung und politische Zumutung“ pflegen.
Dr. Hans-Ulrich Bieler, ständiger Vertreter der Bevollmächtigten des Landes Rheinland-Pfalz, erklärte: „Ohne die nak würde die Armut in der Öffentlichkeit weniger thematisiert.“ Das Engagement der nak ist aus seiner Sicht durchaus ein Grund zu feiern. Ärgerlich sei dagegen, dass es in Deutschland vermeidbare Armut gibt. Das habe auch damit zu tun, dass die Bundesregierung den Regelbedarf niedrig hält. Generell seien Erwerbslose und Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren, kinderreiche Familien, sowie Menschen mit geringer beruflicher Qualifikation besonders armutsgefährdet. Als Maßnahme dagegen forderte Bieler „einen Mindestlohn, der tatsächlich einer ist“. In seinen Augen ist die Bekämpfung von Armut nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern auch eine der Freiheit.
Walter Hanesch, Professor für Gesellschaftswissenschaften und soziale Arbeit an der Hochschule Darmstadt und Gründungsmitglied der nak, beklagte in seinem Referat, in dem er unter anderem die Lissabon-Strategie beleuchtete, dass die deutsche Sozialpolitik keine Armutspolitik beinhalte. Zwar habe sich die Regierung zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2020 die Zahl der Langzeitarbeitslosen in Deutschland um 330.000 Menschen zu reduzieren. Damit bekämpfe man lediglich die Beschäftigungsarmut, nicht aber die materielle Armut. Schließlich nähme die Zahl der working poor in diesem Land stetig zu. Zur nak sagte er: „Das Besondere und Wichtige an der nak ist, dass die deutschen Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und die Betroffenen-Initiativen dort gleichberechtigt an einem Tisch sitzen.“ Für die Zukunft gab Hanesch der nak auf den Weg: „Sie muss ein kritisches Sprachrohr der Armen bleiben.“ Ein
Ausschnitt aus Hans Falladas „Kleiner Mann, was nun?“ - erschienen 1928 während der Weltwirtschaftskrise und dargeboten vom Theaterpädagogischen Zentrum Köln – veranschaulichte, wie aktuell der Text des Autors bis heute ist: Bedürftige Menschen werden durch Armut sozial ausgegrenzt und sowohl physisch als auch psychisch zermürbt.
Michaela Hofmann, stellvertretende Sprecherin der nak, beklagte, dass in Form von sozialen Kürzungen der schwarze Peter bei den Betroffenen ankommt“. Gemeinsam mit Erika Biehn, nak-Gründungsmitglied warf sie Schlaglichter auf die vergangenen 20 Jahre Weltgeschichte: vom Golfkrieg im Jahr 1991 über die Massenarbeitslosigkeit im Jahr 1997 und dem Umzug der Bundesregierung von Bonn nach Berlin im Jahr 1999 bis zum Unwort des Jahres Humankapital im Jahr 2005 sowie dem Sparpaket der Bundesregierung im Jahr 2010 und dem Bildungspaket in diesem Jahr. Biehn wiederum sagte: „Die Armut muss bekämpft werden, nicht die Armen!“
Professor Dr. Gerhard Trabert, stellvertretender nak-Sprecher, erinnerte daran: „Armut nimmt zu und das schon seit 20 Jahren – und es wird nichts dagegen unternommen. Ich glaube, die Konzeptlosigkeit hat Konzept.“ Armut habe nicht nur die Konsequenz, dass jemand weniger Materielles besitzt, sondern auch, dass Betroffene früher sterben. „Arme in Deutschland haben die Lebenserwartung von Nordafrikanern“, sagte er. Arme Frauen in Deutschland stürben acht Jahre, arme Männer sogar zwölf Jahre früher als der Durchschnitt. In Deutschland sei Armut ein Verteilungsproblem, das sich – politischer Wille vorausgesetzt – schnell beheben lasse.
Kurt Klose, stellvertretender nak-Sprecher, stellte fest: „Mit der Veranstaltung ist Solidarität mit den Betroffenen bewiesen worden.“ Die nak unterstütze Menschen, die finanziell schwach sind und nicht sozial schwach, wie Arme häufig beschrieben würden. Klose: „Ich kenne einige Menschen, die finanziell gut bestückt sind – dafür aber sozial sehr schwach sind.“ Als Schuldnerberater berate er inzwischen Menschen, die vor 30 Jahren seine Anlaufstelle nicht aufgesucht hätten: beispielsweise Selbständige.
Statements in Form von Audiospots (siehe schriftlichen Wortlaut im Anhang): Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Präsidentin der Humboldt-Viadrina School of Governance Gesine Schwan,der Vorsitzende des Deutschen Vereins Wilhelm Schmidt und des ehemaligen nak-Sprechers Dr. Wolfgang Gern.
Schriftlich überlieferte Statements: Familienministerin Kristina Schröder wünscht der nak „ihren wachen Blick zu behalten“. Kurt Beck,Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz,sieht in der nak ein wichtiges Instrument Strategien gegen Armut zu entwickeln. Für Michael Sommer sind 20 Jahre nak „gemeinsamer Widerstand gegen Armut in Deutschland“. Leider sei die Armut mittlerweile auch in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen.
Wir suchen Übersetzer, die an unserem Projekt „houseless 11-12“, einer Befragung derzeitig und ehemals wohnungsloser Menschen, mithelfen möchten. Diese Aktion soll im kommenden Winter 2011/12 in den 27 Ländern der Europäischen Union stattfinden.
Wir suchen vorerst Übersetzer für die Pressemitteilung und ein Faltblatt mit den Fragen in alle Sprachen der EU. In einer späteren Phase wird es notwendig sein, die gesammelten Informationen einheitlich ins Englische zu transferieren.
Das Ziel von "houseless 11-12" ist es, den obdachlosen Menschen Gehör zu verschaffen und die Politik mit den bestehenden Gesetzen und der Realität zu konfrontieren, um daraus politische Empfehlungen und Forderungen zu entwickeln.
"Houseless 11-12" wird von der European Union of Homeless (EUH), einer auf ehrenamtlicher Basis arbeitenden Organisation von ehemals und aktuell wohnungslosen Menschen organisiert. Die EUH wird vom belgischen Anti-Poverty Network (BAPN) unterstützt
Weitere Informationen erhalten Sie auf der Webseite www.eunion-of-homeless.org
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Im Rahmen meines Arbeitsbesuches in Wien (Österreich) vom 23. -28. Mai 2011 besuchte ich den ursprünglich als Straßenzeitung für Obdachlose, Arbeitslose, Asylbewerber und andere Randgruppen gegründeten Verein "Augustin". Riki, Sozialarbeiterin und Mitbegründerin vom Augustin empfing mich und meinen österreichischen Gastgeber bei einem ersten Besuch in den Räumen der Redaktion. Es war ein interessantes, informatives und spannendes Gespräch, das mir die inzwischen vielfältige Arbeit der JournalistInnen, GrafikerInnen und SozialarbeiterInnen näherbrachte.
Die Zeitung Augustin
Haupteingang des Vereins
Der Augustin wurde 1995 nach dem Beispiel amerikanischer, britischer oder französischer Straßenzeitungen gegründet. Der Verkauf der Straßenzeitungen hilft Menschen, die aus verschiedenen Gründen vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen sind (Obdachlosen, Langzeitarbeitslosen, AsylbewerberInnen u.a.), ihre Not zu lindern. Professionelle SozialarbeiterInnen des Augustin sind an ihrer Seite. Vorrangiges Ziel der Augustin-Sozialarbeit ist aber nicht, die Marginalisierten „jobready“ zu machen, sondern ihren Ausbruch aus der Entmündigung zu fördern.
Die Zeitung selbst definiert sich einerseits als Stadtzeitung, auch mit unterhaltenden Elementen, andererseits als Forum radikaler Kritik aller Formen sozialer Ungerechtigkeit und als Plattform der Marginalisierten. Sie wird von professionellen JournalistInnen und GrafikerInnen gemacht. Eine Definition aus beobachtender Sicht: „Der Augustin ist das soziale Gewissen Wiens“ (Prof. Fritz Hausjell, Publizistik-Institut Wien). Die JournalistInnen, GrafikerInnen und SozialarbeiterInnen, die das Augustin-Team bilden, sind identisch mit dem Vorstand des Herausgebervereins („Sand & Zeit“). Der Verein bezieht von Beginn an keinerlei öffentliche Subventionen. Alle Kosten werden von den Einnahmen des Zeitungsverkaufs, von Inserateneinnahmen und durch private Spenden gedeckt. Die hundertprozentige Eigenfinanzierung ist eine ideale Voraussetzung für die Unabhängigkeit des Projekts (Slogan: „Der Augustin hört auf ... niemanden“). Die Zeitung erscheint 14-tägig. Pro Ausgabe werden – von ca. 450 zurzeit aktiven VerkäuferInnen - zwischen 32.000 und 35.000 Exemplare verkauft. Der Augustin hat vielfältige Bereiche: Das Konzept des AUGUSTIN ist es, keine Gruppe auszuschließen. Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, in soziale Not geraten sind, finden im Vertriebsbüro Zuspruch. Betroffene können voraussetzungslos in das AUGUSTIN-Abenteuer einsteigen. Sie bestimmen Intensität und Ort ihrer Verkaufstätigkeit selbst. Sie erhalten einen Verkäufer/innen-Ausweis und werden auf die bestehenden Zusatzverdienst-Begrenzungen (im Fall eines Arbeitslosen-, Notstands- oder Sozialhifebezugs) hingewiesen. Sie verpflichten sich, während ihrer Arbeit, nicht alkoholisiert zu sein. Die Auflagen sind auf das Notwendigste reduziert, um die Hemmschwelle möglichst niedrig zu halten. Jede/r angehende/r Verkäufer/in erhält eine Einschulung, die Verkaufsbedingungen und 15 Gratis-Zeitungen (für Neuanfänger/innen ohne Deutsch- und Englischkenntnisse empfehlen wir für die Einschulung einen Dolmetsch mitzubringen). Derzeit sind rund 450 Verkäufer/innen in Wien und Umgebung unterwegs. Während der Öffnungszeiten des Vertriebsbüros (Mo, Fr: 9 bis 16 Uhr / Di, Mi, Do: 11 bis 16 Uhr, sowie Sa: 10 bis 12 Uhr) gibt es für die Verkäufer/innen die Möglichkeit des geselligen Beisammenseins, Nutzung von Telefon, Internet, Fax, Büromaterial sowie Zuspruch in Lebensfragen bzw. Informationen und Hilfe in sozialrechtlichen u.ä. Belangen (wie z.B. Tilgung von Schulden durch Schwarzfahren, etc.).
Radio Augustin
RADIO AUGUSTIN, gesendet auf Orange, dem Freien Radio in Wien, versteht sich als Sprachrohr und Lobby für marginalisierte Menschen und als Informationsquelle für gesellschaftspolitisch Interessierte.
Das Medium Radio ermöglicht ein Abstrahieren von äußeren Erscheinungsbildern, Stimmen und Worte können in neuen Zusammenhängen wahrgenommen werden. Dem Mainstream wird nicht entsprochen, der Kurzlebigkeit, Schnelligkeit und Oberflächlichkeit wird entgegengearbeitet. RADIO AUGUSTIN will nicht dazu beitragen, soziale Ausgrenzung und Obdachlosigkeit zu kulturalisieren, bzw. am Designen einer Sandler-Kultur mitzuwirken.
TV Augustin
TV Augustin Seit Dezember 2005 sendet Augustin TV auf dem Community TV Sender OKTO in drei verschiedenen Sendeformaten. Augustin TV zeigt Reportagen und Portraits. In eingSchenkt thematisiert der Sozialexperte Martin Schenk Fragen zu Arbeitslosigkeit, Armut, Ausgrenzung, Integration, Empowerment. Augustin TV auf youtube EingSCHENKt auf youtube AugustinTV auf facebook Die Schreibwerkstatt Die Schreibwerkstatt ist das älteste „Projekt im Projekt“. Es bestand schon vor dem Erscheinen der ersten Augustin-Ausgabe. Seit 1995 haben Menschen, die im Augustin publizieren wollen, die Möglichkeit, ihre Kreativität in Worten auszudrücken. Eine regelmäßige 8-seitige Rubrik im Augustin (Dichter Innenteil) gibt ihren Texten, ob Kurzprosa oder Lyrik, Raum, der ihnen in anderen Medien verwehrt bleibt.
Chor STIMMENGEWITTER
Chor Stimmengewitter Augustin Aus dem Umfeld dieser Zeitung erwuchs im Jahr 2000 das STiMMENGEWITTER AUGUSTIN, ein heute 9-köpfiger Chor. Gestartet als der musikalische Arm einer Unternehmung, die die sogenannten „Ränder der Gesellschaft“ und vor allem die Menschen, die an diesen leben neu ausleuchten will. Ohne Helfer-Syndrome und Elends-Romantik. Die das Feld der Kultur bestellende Ausprägung einer reflektiert und unermüdlich tätigen Selbstermächtigungs-maschine. Eine Stimmerhebung im reinsten und schönsten Sinn. Längst hat dieser Chor ein beeindruckendes musikalisches Eigenleben. Als viel- und weitgereiste Live-Attraktion ebenso wie auf „Konserve“. Die ausverkaufte Debüt-CD erschien 2003, „Kitsch & Revo“ folgte 2007. Ein Album, bei dem KünstlerInnen wie Bernadette La Hengst, Ja, Panik, Schorsch Kamerun (Goldene Zitronen), Fritz Ostermayer, Soyka/Stirner oder Texta um die manchmal brüllende, oft zärtliche, gelegentlich schräge, aber immer 100%ig beherzte und unverstellte Stimmgewalt des STIMMGEWITTER herum Musik gemacht haben.
11% K.THEATER
Innenhof
11% K.Theater heißt die bunte Mischung von Augustin VerkäuferInnen die, neben aktionistischen Performances im öffentlichen Raum, jährlich ein neues Theaterstück auf die Bühne bringt. Keine vorgeschriebenen „alten Schinken“ sondern lebendig und lustvoll inszeniertes Leben. Neben szenischem Theater wird auch mit Improvisationstheaterelementen gearbeitet, auf Bühnenbild und Requisiten wird zugunsten der Ausdruckskraft verzichtet. Die SchauspielerInnen wollen dem Publikum ihre humorvolle und kreative Seite zeigen und sich gemeinsam mit ihm ins Abenteuer stürzen.
Fußball Club Schwarz-Weiss Augustin
Schwarz-Weiß sind nicht einfach zufällig gewählte Vereinsfarben. Die Fußball-Abteilung des „Gesamtkunstwerks Augustin“ unterstreicht mit diesem Namen die Präsenz farbiger Kicker in der Mannschaft. Etwa 2002, als die ersten afrikanischen AsylwerberInnen (und die nach negativen Asylerfahren zu „illegalen Ausländern“ Erklärten) den Augustinverkauf als Überlebens- und Intergrationsmittel für sich entdeckten, war sowohl für die Sozialarbeit im Augustin-Projekt als auch für die publizistische Arbeit neuer Handlungsbedarf gegeben: antirassistische Interventionen wurden notwendig. Temporär schien die Lage zu eskalieren: Sowohl innerhalb der VerkäuferInnengruppe als auch unter KäuferInnen der Straßenzeitung, die die neue Buntheit des Augustin-Vertriebs nicht als positiv bewerteten, machten sich Ressentiments bemerkbar. Sie führten zu Konflikten, die das Augustin-Team zunächst zu überfordern schienen. Als nahezu einzige soziale Einrichtung, die für inländische und ausländische, ja selbst für „papierlose“ Hilfsbedürftige gleich offen steht, konnte der Augustin kaum auf Erfahrungen zurück greifen. Dennoch gelang die Deeskalation. Heute ist die Präsenz dunkelhäutiger VerkäuferInnen im Stadtbild zu einer „Selbstverständlichkeit“ geworden, vereinzelte Irritationen, Missverständnisse und Feindseligkeiten ausgenommen.
Mein zweiter Besuch beim Augustin gab mir Einsicht in die verschiedensten Aktionen der Macher; Radio, TV usw. Selbst ein eigener Server ist vorhanden. Ich hatte auch die Möglichkeit bekommen mit einigen Mitarbeiter des Augustins zu reden. Es ist sehr beeindruckend, was in den 16 Jahren seit Gründung des Augustin entstanden ist.
Ich habe noch erfahren dass der Augustin auch einen Kulturpass ausgibt. Der Kulturpass ermöglicht den benachteiligten Menschen bei freien Eintritt an Kulturveranstaltungen teilzunehmen. Weitere Informationen zum Verein findet man auf der Homepage