+++ Offener Brief an Elke Breitenbach, Senatorin für Integration, Arbeit und Soziales +++
Sehr geehrte Frau Senatorin Elke Breitenbach,
wohnungslose Menschen sind im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie eine besonders gefährdete Gruppe. Vor allem auf der Straße lebende Menschen sind eine medizinisch hochriskante Bevölkerungsgruppe mit oft nur sehr eingeschränktem Zugang zur Gesundheitsversorgung. Gleichzeitig ist eine Übertragung von Corona-Viren untereinander durch die besonderen Lebensbedingungen auch untergebrachter wohnungsloser Menschen durch die üblichen Sicherheitsmaßnahmen kaum einzudämmen: „Stay at home!“ ist für auf der Straße lebende Menschen nicht möglich und bedeutet für untergebrachte Wohnungslose meist den Aufenthalt in Mehrbettzimmern und, mit Blick auf das aktuelle Abstandsgebot, viel zu kleinen Gemeinschaftsräumen.
So fordert die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e V. aktuell u. a. eine Ausweitung von Unterbringungsmöglichkeiten, die Reduzierung der Belegungsdichte in Unterkünften sowie die Akquise zusätzlicher Räumlichkeiten in Pensions- und Hotelzimmern sowie Ferienwohnungen. Der Berliner Verein Karuna e. V. hat sich an die Bundesfamilienministerin Dr. Franziska Giffey gewendet und für die rund 20.000 Jugendlichen auf der Straße u. a. die Unterbringung in zurzeit leerstehenden Hotels bei Unterstützung durch erfahrene Jugendhilfeträger gefordert. Und für Berlin hat der Arbeitskreis Wohnungsnot eine Petition „Hotelunterbringung für Obdachlose JETZT!“ gestartet, die (Stand: 14. April 2020) bereits 9.184 Menschen unterschrieben haben. Darin verweisen sie auch auf die vielen leerstehenden Hotelbetten in Berlin. In Hamburg finanziert das Unternehmen Reemtsma mit Unterstützung der Diakonie Hamburg Einzelunterkünfte für bis zu 250 Hamburger obdachlose Menschen und weitere Städte – nicht nur in Deutschland – bringen wohnungslose Menschen derzeit so unter, dass sie sich und andere entsprechend der Empfehlungen des Bundesgesundheitsministeriums sowie dem Robert-Koch-Institut vor einer Infektion schützen können.
Wir, Wissenschaftler*innen der drei Berliner Hochschulen für Soziale Arbeit, fordern Sie auf, ihre sehr zu begrüßenden Anstrengungen zum Schutz wohnungsloser Menschen in Berlin um die Anmietung von Hotelzimmern für eine Einzelzimmerunterbringung der am gefährdetsten wohnungslosen Menschen zu ergänzen. Bitte warten Sie nicht, bis die Ansteckungen in den bisherigen Unterkünften und auf der Straße explodieren und wohnungslose Menschen damit aufgrund ihrer besonderen Vulnerabilität mit dem Tode bedrohen. Wir sind aufgrund unserer Praxiserfahrungen sicher, dass Ihnen die Berliner Wohnungsnotfallhilfe für eine schnelle Umsetzung unserer Forderung und die notwendige Unterstützungsarbeit für die Betroffenen zur Seite steht.
Auch unserer Unterstützung können Sie sich gewiss sein.
Herzliche Grüße
Dr. Tanja Ehmann, KHSB Berlin
Prof. Dr. Susanne Gerull, ASH Berlin
Prof. Dr. Meike Günther, KHSB Berlin
Prof. Dr. Birgit Steffens, EHB Berlin
Prof. Dr. Rebekka Streck, EHB Berlin
Prof. Dr. Jens Wurtzbacher, KHSB Berlin