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Presseinfo
Bürgergeld-Bingo: Fakten statt Fake über Armut
Mit einem Online-Spiel erleben, wie Bürgergeld-Beziehende wirtschaften müssen
Berlin, 25. Oktober 2023 – In der Debatte über das Bürgergeld werden Betroffenen oft mit Vorurteilen und falschen Behauptungen konfrontiert. Mit dem heute veröffentlichen Online-Spiel „Bürgergeld-Bingo“ wollen die Diakonie Deutschland, die Selbstorganisation von Menschen mit Armutserfahrung Armutsnetzwerk e.V., der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt Bayern zur Versachlichung der Diskussion beitragen. Mit dem Spiel können Interessierte ausprobieren, was es heißt, mit dem Bürgergeldsatz auszukommen. Sie müssen ihre Ausgaben so einschränken, dass der aktuell geltende Regelsatz von 502 Euro eingehalten wird. Nur wer das schafft, für den heißt es "Bingo".
„Wir erleben täglich, wie von Armut betroffene Menschen zur politischen und medialen Zielscheibe werden. Entgegen dem Bild von der sozialen Hängematte ist das Leben mit weniger als dem Existenzminimum in Wirklichkeit ein belastender Zustand. Das wollen wir ganz konkret erfahrbar machen“, erläutert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland.
Philip Büttner vom Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt Bayern hat das Spiel konzipiert. Er möchte „mit ein paar Mausklicks einen Perspektivwechsel ermöglichen und den Mangel nachvollziehbar machen.“ Lange Erklärungen würden wenig helfen, so Büttner. „Wer aber einmal selbst ernsthaft versucht, mit 502 Euro im Monat die nötigsten Ausgaben zu bestreiten, wird merken, wie schnell sie oder er ins Minus gerät. Wer sich gesund ernähren, die Stromrechnung bezahlen und ein Minimum an Mobilität und sozialer Teilhabe genießen will, kommt mit dem Geld nicht aus.“
Jeden Euro umzudrehen und dann zu entscheiden, wo noch am ehesten gekürzt werden kann, das sei für in Armut Lebende bittere Realität, so Jürgen Schneider vom Armutsnetzwerk. „Wer mit dem Bürgergeld lebt, kann nicht wählen, was er oder sie will. Wir können entscheiden, was wir uns jeden Tag sparen, damit wir etwas Anderes, was wir brauchen, wenigstens zum Teil finanzieren können. Das heißt zum Beispiel: keine neue Hose, damit ich dann nicht noch mehr als ohnehin am Essen sparen muss.“
Gudrun Nolte vom Evangelischen Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt kritisiert: „Es wird oft über Bürgergeldbeziehende gesprochen, als wären sie eine fremde und schwer bewegliche, homogene Gruppe. Aber wir haben es nicht mit anonymen Wesen, sondern mit Menschen zu tun, mit Erwerbstätigen und Erwerbslosen, mit Alleinerziehenden, mit Kindern und Jugendlichen, die täglich darum kämpfen, durchzukommen. Wir hoffen, dass wir mit unserem Spiel einen Anreiz geben, sich etwas besser in deren Lage hineinzuversetzen.“
Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker verweist auf die Mängel der Regelbedarfsermittlung: „Da ist zunächst eine statistische Vergleichsgruppe, die selbst im absoluten Mangel lebt. Die so ermittelten Ausgaben werden dann noch willkürlich gekürzt. Jetzt kommt zwar eine Erhöhung des Bürgergeldes, die aber lediglich inflationsbedingte Verluste der Vorjahre ausgleicht.“
Weniger Populismus, weniger Patentrezepte, weniger Fake News; dafür mehr Faktenwissen und Empathie, das sei das Ziel dieses – bitteren – Spiels, so die Initator:innen. Mit dem Spiel sei die Hoffnung verbunden, dass die Erfahrung der Spielenden vieles nachvollziehbar macht, was abstrakt kaum zu begreifen sei. „Schließlich geht es uns um die Menschen, um mehr Respekt und Verständnis“, so die Macher:innen des Onlinespiels.
Bürgergeld-Bingo: www.buergergeld-bingo.de
Weitere Informationen:
https://www.diakonie.de/menschenwuerdiges-existenzminimum
Pressekontakt
Verena Götze, stellvertretende Pressesprecherin
Pressestelle, Zentrum Kommunikation
T +49 30 65211-1780
F +49 30 65211-3780
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Diakonie Deutschland
Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V.
Caroline-Michaelis-Str. 1
10115 Berlin
Politik gegen Hunger – Bundesregierung in der Pflicht:
Verbände fordern einen barrierefreie Grundversorgung mit vollwertiger, ökologischer Nahrung in Deutschland Berlin, 26. Juni 2023 –
Über 30 Verbände und Initiativen fordern von der Bundesregierung in ihrer Ernährungsstrategie wirkungsvolle Maßnahmen für eine gerechte und ökologische Grundversorgung mit nachhaltig produzierten Nahrungsmitteln vorzusehen. Die Politik muss entsprechende Angebote fördern und die Ernährungsumgebung der Menschen so gestalten, dass das Recht auf angemessene Nahrung global wie hierzulande gewährleistet werden kann. Anlässlich der internationalen Konferenz des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL)„Politik gegen Hunger“ warnen die Organisationen vor den hohen individuellen und volkswirtschaftlichen Kosten des aktuellen Agrar- und Ernährungssystems.
Falsche Anreize und Rahmenbedingungen im Ernährungssystem der Industrie- und Schwellenländer führen zu einem ungleichen Zugang zu Nahrung und verstärken so Hunger, Fehl- und Mangelernährung – global wie auch hierzulande. Insbesondere der zu hohe Konsum tierischer Lebensmittel in Ländern wie Deutschland trägt maßgeblich dazu bei und hat zudem gravierende negative Auswirkung für die planetare Gesundheit. Einen nachhaltigen Speiseplan für Mensch und Erde haben Wissenschaftler*innen im Rahmen der Planetary Health Diet entwickelt [1].
Von der Bundesregierung fordern die Organisationen, Armut und Hunger zu beenden und eine Ernährungspolitik umzusetzen, die auf vollwertiges Essen aus ökologisch erzeugten, gesunden Nahrungsmitteln setzt und dafür den öffentlichen Rahmen, das Angebot und die entsprechenden Teilhabebedingungen schafft. Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung, die derzeit unter Federführung des BMEL erarbeitet wird, muss sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu mindestens einer vollwertigen, warmen Mahlzeit pro Tag erhalten. Dafür müssen die staatlichen Voraussetzungen in der Grundsicherung und Daseinsvorsorge, in der Gemeinschaftsverpflegung, in der Ernährungsumgebung vor Ort und bei finanziellen Anreizen und Preisgestaltung von Lebensmitteln geschaffen werden. Das Forderungspapier zur Ernährungsstrategie schließt sich vorangegangenen Gutachten [2] des wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz an. Das Bündnis richtet folgende fünf Forderungen an die Bundesregierung:
1. Eine warme Mahlzeit pro Tag aus ökologisch erzeugten, gesunden Nahrungsmitteln allen Menschen zugänglich machen
2. Eine Grundsicherung, die eine gesunde, ökologische Ernährung ermöglicht
3. Vollwertiges Essen aus ökologisch erzeugten, gesunden Nahrungsmitteln in allen öffentlich finanzierten Einrichtungen mit Gemeinschaftsverpflegung
4. Gesunde, ökologische Ernährung erlebbar machen
5. Steuerfreiheit für pflanzliche Lebensmittel dient dem Klimaschutz
Link zum Positionspapier: https://bit.ly/3JoWtYH
Wissenschaftler:innen unterschiedlichster Disziplinen – darunter Klimaforscher:innen und Ernährungswissenschaftler:innen – empfehlen eine "Planetary Health Diet". Dieser Speiseplan orientiert sich am individuellen Kalorienbedarf und den Maßgaben einer ausgewogenen Ernährung sowie an Prognosen für das globale Bevölkerungswachstum.
Quelle: https://www.pik-potsdam.de/de/aktuelles/nachrichten/lancet-report-gesund-leben-auf-einem-gesunden-planeten-anders-essen-und-anders-produzieren und https://www.verbraucherzentrale-bayern.de/wissen/lebensmittel/die-planetary-health-diet-speiseplan-der-zukunft-76609 [2]
WBAE – Wissenschaftlicher Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz beim BMEL (2020): Politik für eine nachhaltigere Ernährung: Eine integrierte Ernährungspolitik entwickeln und faire Ernährungsumgebungen gestalten. Gutachten, Berlin: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Ministerium/Beiraete/agrarpolitik/wbae-gutachten-nachhaltige-ernaehrung.html und WBAE 2023: Ernährungsarmut unter Pandemiebedingungen. https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/032-wbae-ernaehrungsarmut-pandemie.html
Pressekontakte: Karsten Dunzweiler (Armutsnetzwerk): 0152 0624 7408
Matthias Lambrecht (Greenpeace): 0151 4243 3135
Saskia Richartz (Ernährungsrat Berlin): 0177 890 5054
Anna-Lena Guske (Diakonie): 030 652 11 11 19
Das Bürgergeld muss ein Digitales Existenzminimum garantieren! Diakonie Deutschland, Armutsnetzwerk und Evangelischer Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt fordern digitale Beteiligung für alle
Berlin, 22. November 2022 - Gemeinsam rufen die Diakonie Deutschland, der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt und das Armutsnetzwerk e.V. dazu auf, mit dem Bürgergeld auch das Digitale Existenzminimum zu sichern. Beim Online-Fachgespräch zum Thema „Digitales Existenzminimum – wie kommen Armutsbetroffene zu mehr digitaler Teilhabe?“ stellen sie heute das gemeinsame Positionspapier „6 Forderungen für ein Digitales Existenzminimum“ vor. Darin fordern sie gezielte Maßnahmen, um für Menschen, die von Armut betroffen sind, Teilhabe an digitalen Kommunikationswegen zu ermöglichen und auch Chancengleichheit sicherzustellen. Im Zuge der Digitalisierung dürfe niemand ausgegrenzt werden, auch die Menschen nicht, die nicht alles online erledigen können oder wollen.
„Deutschland wird von Monat zu Monat digitaler. Wer keine digitalen Zugänge hat, wird zunehmend mehr Schwierigkeiten haben einen Antrag auf existenzsichernde Leistungen zu stellen. Die digitalen Versäumnisse in der Sozialpolitik sind unglaublich groß“, kritisiert Jürgen Schneider vom Verein Armutsnetzwerk, in dem sich Menschen mit Armutserfahrung engagieren.
„Heute ist das Existenzminimum bei Erwachsenen in der Grundsicherung weitgehend über Wohnen, Nahrung, Kleidung oder Telefonanschlüsse definiert“, erläutert Maria Loheide, Vorständin Sozialpolitik der Diakonie Deutschland. Bei Kindern komme über das Bildungs- und Teilhabepaket eine einfache Computerausstattung dazu. „Doch diese Ausstattung reicht bei weitem nicht aus, um digital teilzunehmen, denn Datenzugänge, leistungsstarkes Internet und ein Drucker stehen nicht auf der Liste.“ Darum setze sich die Diakonie Deutschland für ein „Bundesprogramm digitale Teilhabe“ ein, das eine zeitgemäße Ausstattung mit Computern, Netzzugängen und Unterstützung beim Erwerb digitaler Fähigkeiten für alle Menschen ermögliche. „Wer keine oder kaum eine Chance auf digitale Kommunikation hat, verliert den Anschluss – in der Schule, beim Studium, bei der Jobsuche, in der Freizeit und im Freundeskreis.“
Gemeinsam mit der Diakonie und dem Armutsnetzwerk hat der Evangelische Verband Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) sechs Kernforderungen entwickelt, um das Digitale Existenzminimum für alle zu ermöglichen. Dazu erklärt Gudrun Nolte, Vorsitzende des Verbandes: „Digitale Endgeräte, Datenzugänge, kostenlose Internetcafés und W-Land im öffentlichen Raum müssen allen zur Verfügung stehen. In digitale Kompetenzen sollten wir viel stärker öffentlich investieren. Auch die Behörden müssen nicht nur digitaler, sondern auch bürgerfreundlicher werden, Menschen mit Armutserfahrung müssen die Möglichkeit haben, sich digital zu empowern. Zugleich muss aber für alle, die nicht digital kommunizieren wollen oder können, auch ein Recht auf ein analoges Leben verwirklicht werden.“
Zum heutigen Fachgespräch mit Expert:innen und Bundestagsabgeordneten werden über 150 Teilnehmende aus ganz Deutschland erwartet.
Das detaillierte Programm finden Sie hier: https://www.kwa-ekd.de/blog/2022/11/einladung-zum-online-fachgespraech-digitales-existenzminimum/
Unter dem Twitter-Hashtag #IchBinArmutsbetroffen haben sehr viele Menschen in den letzten Tagen, ihre Geschichten geteil, welche Erfahrungen sie mit Armut machen und darauf aufmerksam gemacht, was Armut in einem reichen Land bedeutet. Auf Twitter haben sich viele angeschlossen, gegenseitige Unterstützung gezeigt. Nun sind auch die Medien aufmerksam geworden. z.B der SPIEGEL, Mdr, Berliner Zeitung oder die Welt griffen die Aktion auf und berichteten. Von einem kleinen Aufstand der Armen schreibt gar der freitag.
Mit Aktionen vor Ort soll das nun in die Öffentlichkeit getragen werden. In verschiedenen Städten treffen sich Aktive in den kommenden Tagen kleine Gruppen für ein "Flashmob-Gruppenfoto". Es sollen vor Ort Fotos gemacht werden, um die Aktion dann auch wieder in die virtuelle Welt zu tragen.
Eingeladen sind Menschen mit Armutserfahrung sowie auch alle, die sich für die Armutsbekämpfung stark machen wollen. Die Idee ist, dass letztere sich wörtlich vor Ort “hinter” die Betroffenen stellen.
Vor-Ort-Flashmobs sind bisher geplant:
Hamburg: Donnerstag, 26. Mai, 14:00h Elphi und 15.30h Rathaus
Berlin : Freitag, 27. Mai, 15:30 Uhr, Kanzleramt
Ruhrgebiet / Bochum : Freitag, 27. Mai, 16:30h, Rathaus Bochum
Düsseldorf : Samstag, 28. Mai, 14:00 Uhr, Tonhalle
Köln : Samstag, 28. Mai, 18 Uhr, Kölner Domplatte am Steinbogen
Die Stiftung #EineSorgeWeniger, die für ihre individuelle und praktisch angelegte Unterstützung von Betroffenen aber auch ihre politische Mobilisierung auf Twitter bekannt ist, unterstützt und koordiniert die Aktionen. Hier bitte folgen: https://twitter.com/sorgeweniger
Nachruf Norbert Brandt* 31.03.1959 aus Edewecht verstorben am 14. April 2022
Wir trauern. Wir verlieren einen guten Freund.
Norbert Brandt hat viele Jahre obdachlos auf der Straße gelebt und hat als Mitbegründer des im Jahre 2011 gegründeten Armutnetzwerkes, besondere Schwerpunkte gesetzt. Über mehrere Jahre war er Vorstandmitglied im Armutsnetzwerk, darüber hinaus in der AG Armut und Gesundheit der Nationalen Armutskonferenz ein engagierter Mitwirkender und von Anfang an beim Wohnungslosentreffen 2016 dabei gewesen.
Norbert war den Menschen sehr zugetan und engagierte sich alsVerkäufer und Verteiler der Straßenzeitung Asphalt. An Hand seines „Rucksackprojektes“ erählte er den Schülerinnen und Schüler von seinem Leben als obdachloser Mensch, der wieder in einer Wohnung lebt – für viele Schüler und Schülerinnen ein besonderes Highlight.
Seine Erfahrungen, die er auf seinen Reisen in Deutschland und Europa machte, haben ihn als Person sehr geprägt und dies spiegelte sich entsprechdend in seiner Ausstrahlung, seiner Erscheinung und seiner Haltung wieder.
Wir werden im Armutsnetzwerk Norbert ein ehrendes Andenken bewahrten und wir werden ihn als „Teddybär mit Rauscherbart“ in guter Erinnerung behalten. Reise gut, wo immer du nun sein magst!
Jürgen Schneider, Hilde Rektorschek, Michael Stiefel
Die Beisetzungsfeier findet am 9.Mai 2022 in Edewecht statt.